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CARL ZUCKMAYER-ARBEITS-STIPENDIUM 2025 an Charlotte Zorell

CARL ZUCKMAYER-ARBEITS-STIPENDIUM 2025 an Charlotte Zorell

Im Rahmen der offiziellen Eröffnung des PLUG&PLAY Theaterfestival für junge Regie wurde am 29. Mai 2025 am Staatstheater Mainz zum zweiten Mal das Carl-Zuckmayer-Arbeitsstipendium des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz verliehen. Ministerin Katharina Binz überreichte das Stipendium an die Wiener Schriftstellerin Charlotte Zorell.

Das Carl-Zuckmayer-Arbeitsstipendium wurde 2023 vom Ministerium des Landes Rheinland-Pfalz zur Förderung der europäischen Gegenwartsdramatik und der Erinnerung an den politischen Dramatiker Carl Zuckmayer ins Leben gerufen. Es soll in Europa lebenden Dramatikerinnen ermöglichen, finanziell abgesichert ein Theaterstück zu einem gesellschaftlich relevanten, europäischen Thema zu schreiben. Die entstehenden Werke sollen in der Tradition des kosmopolitischen Geistes Zuckmayers stehen und dessen Themenfelder wie Heimat, Exil und Widerstand ins Heute führen. Unter 90 Bewerbungen aus 16 europäischen Ländern wählte die fünfköpfige Jury – Michael Au (MFFKI), Hannah Frauenrath (Regisseurin und Autorin), Boris C. Motzki (Schauspieldramaturg Staatstheater Mainz), Kathrin Mädler (Intendantin Theater Oberhausen), Shirin Sojitrawalla (Kulturjournalistin und Moderatorin) – einstimmig die Wiener Dramatikerin Charlotte Zorell als Preisträgerin.

Würdigung der Preisträgerin

Charlotte Zorell konnte die Jury mit ihrem inhaltlich-thematisch wie sprachlich reizvollen Entwurf eines neuen Theaterstücks überzeugen: Dancing Stars – geheimes Theatertreffen spielt vor und hinter den Kulissen einer TV-Show: Vier Prominente treten in einem Tanzwettbewerb gegeneinander an, doch ihre Witze vor der Kamera, der Glamour und Glitzer, täuschen nicht über ihre menschenfeindlichen Einstel- lungen hinweg. Ihr arglos-humoristisches männer-bündlerisches Geplänkel auf der Hinterbühne entwi- ckelt sich in kürzester Zeit in krude Verschwörungs- theorie und Gewaltfantasien. Während der Show 2/2 referieren sie strahlend über ihre Kunst, ihr Recht, ihren Intellekt und Wissen, backstage tauschen sie sich über Strategien aus, um Frauen, queere und BIPOC- Personen systematisch zu unterwerfen. Und noch etwas verbindet sie: Sie alle haben eine Brief enthalten, der sie des Machtmissbrauchs beschuldigt… Mit den Mitteln der Parodie will die Autorin toxische Männlichkeit, Machtmissbrauch in der Theaterbranche sowie die Ideologie und den Sprech rechter Männerbün- de entlarven. Auf aktuelle Ereignisse des Machtmiss- brauchs hochrangiger Regisseure, Schauspieler und Stars in Theater und Film wird ebenson verwiesen wie auf das Treffen hochrangiger AfD-Politikerinnen und Neonazis in Potsdam mit dem Plan, Millionen von Menschen aus Deutschland zu vertreiben.

„Virulente Themen werden mit den Mitteln der parodistischen Show in eine stark aufgeladene Theatralität
überführt und dabei mit der sprachlichen Eigenheit der Autorin – auch geschult an Thomas Bernhard, Ernst
Jandl und Elfriede Jelinek – zu einem höchst heutigen, gesellschaftspolitischen Kommentar“, so die Jurybe-
gründung. „Aber auch im Formalen weist sie auf eine bislang unbekanntere Seite Zuckmayers hin: Die groteske, anarchische Sprach- und Sprengkraft, die Zuckmayer in seinem Stück Kakadu-Kakada walten
ließ, findet in Dancing Stars eine heutige Fortschreibung.“ „Charlotte Zorell greift in ihrer Beschäftigung mit dem
gesellschaftlichen Rechtsruck Zuckmayers humanistische Haltung auf und entwickelt sie mit den Mitteln von Satire und Groteske weiter. Ich freue mich darauf, dass wir in den nächsten Monaten öfter eine großartige Dramatikerin hier in Mainz zu Gast haben werden, auf deren Arbeit wir gespannt sein dürfen“, würdigt Kultur-
ministerin Katharina Binz die Preisträgerin.

Das Staatstheater Mainz wird Charlotte Zorell nun als aktiven Teil des Stipendiums bei der Entwicklung des neuen Stücktextes begleiten, der dann im kommenden Jahr im Rahmen des nächsten PLUG&PLAY Festivals in einer Lesung der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

Die Gewinnerin zeigt sich dankbar und voller Vorfreude auf die Zusammenarbeit: „Welch ein Glück: sieben Stunden Zugfahrt von Wien nach Mainz, weil es Menschen gibt, die interessiert, was ich denke. Für ein Theater, das im besten Fall wie ein guter Karaoke-Abend funktioniert: die unterschiedlichsten Menschen kommen zusammen – und niemand weiß, welcher magische Moment als Nächstes zündet“, so Zorell.

Biografie Charlotte Zorell

Charlotte Zorell wurde 1996 in Wien als Tochter zweier Clowns geboren. In Kindheitstagen wollte sie Schriftstellerin oder Walforscherin werden, eines davon konkretisierte sich im Rahmen einer Schauspiel- und Performanceausbildung im diverCITYLAB in Wien, mit Diplom-Abschluss 2022. Als Schauspielende, Performerin, Produktionsassistentin, Autorin und Ensemble-Mitglied war sie u.a. im BurgtheaterStudioensemble, im Theater am Werk, im freien Performance-Ensemble u.a. tätig, parallel schrieb sie. 2024 wurde sie als Autorin/Dramatikerin mit dem Drama Lab-Stipendium der Wiener Wortstätten prämiert und 2025 für den Retzhofer Dramapreis 2025 nominiert. 2025 hat sie das Arbeitsstipendium der Stadt Wien für Darstellende Kunst inne.

Die nächste Ausschreibung für das Carl Zuckmayer-Arbeitsstipendium erfolgt im September 2025.

Pressemitteilung des Staatstheaters Mainz vom 30.5.2025